Alarmierender Trend unter Jugendlichen: Verbreitung kinder- und jugendpornografischer Schriften deutlich gestiegen.
Die jüngst vorgestellte Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) weist für das Jahr 2022 über alle Bereiche hinweg gegenüber dem Jahr 2021 einen deutlichen Anstieg der registrierten strafbaren Taten aus. Im Vergleich zum Vorjahr wurden im Jahr 2022 5.628.584 Fälle von Straftaten in der PKS registriert. Dies entspricht einem Anstieg von 11,5 Prozent.
Erschreckend ist, dass im Bereichsfeld der Verbreitung pornografischer Schriften ebenfalls ein signifikanter Anstieg zu beobachten ist. So weist die PKS für das Jahr 2022 42.075 Fälle der Verbreitung, dem Erwerb, dem Besitz und der Herstellung von kinderpornografischen Schriften aus. Dies entspricht gegenüber dem Vorjahr einem Anstieg um 7,4 Prozent. Noch stärker ist der Zuwachs im Deliktsbereich der Verbreitung, dem Erwerb, Besitz und der Herstellung jugendpornografischer Schriften mit 6.746 Fällen im Jahr 2022, was einem Anstieg um 32,1 Prozent entspricht. Es lässt sich ein mehrjähriger Anstieg der Fallzahlen erkennen. Die PKS verweist hierzu auf einen bestehenden Trend unter Kindern und Jugendlichen, ohne Kenntnis der strafrechtlichen Dimension ihres Verhaltens, kinder- und jugendpornografische Bilder in Gruppenchats der bekannten Messengerdienste zu verbreiten. Der Anteil der Tatverdächtigen unter 18 Jahren liegt hierbei bei 41,1 Prozent (PKS für das Jahr 2022, S. 16-17).
Ich habe dies zum Anlass genommen, die Bundesregierung zu fragen, worin sie die Ursache für diesen Trend unter Kindern und Jugendlichen sieht und ob sie beabsichtigt, hiergegen Maßnahmen zu ergreifen. Die Antwort der Bundesregierung ist ungewohnt umfangreich. Die Bundesregierung führt aus, dass es hierfür mehrere Gründe gebe. Einerseits würden allein unter praktischen Gesichtspunkten weiterhin zahlreiche Hinweise von dem amerikanischen „National Center for Missing and Exploited Children“ (NCMEC) eingehen. Viele Hinweise stammen ebenso von Messenger-Anbietern wie WhatsApp, Instagram, Snapchat und Facebook, weil diese Dienste gerade bei Kindern und Jugendlichen beliebt seien. Einen weiteren technischen Grund für das Anwachsen der Fallzahlen sieht die Bundesregierung darin, dass es im Jahr 2021 zu einer Gesetzesänderung in Bezug auf die Verbreitung von Kinderpornografie als Verbrechenstatbestand kam. Hierdurch kann ein Absehen von Strafe nicht mehr, wie zuvor, angeordnet werden. Die Verfügbarkeit internetfähiger Endgeräte führe ebenso zu einer erhöhten Wahrscheinlichkeit der Verbreitung strafbarer Inhalte.
Am Aufschlussreichsten ist aus meiner Sicht folgendes:
Kinder und Jugendliche stellen nach der Auskunft der Bundesregierung zunehmend selbst hergestellte intime Aufnahmen, auch von sich selbst, ins Internet, ohne dass eine andere Person auf sie eingewirkt hat. Hierunter dürfte auch das Versenden von eigenen Nacktbildern an Gleichaltrige in Chatdiensten fallen. Außerdem stellt die Bundesregierung fest, dass Minderjährige immer häufiger kinderpornografische Dateien per Messenger-Diensten miteinander austauschen. Dies sei nicht durch eine pädosexuelle Motivation begründet, sondern dies resultiere aus der fehlenden Kenntnis für den kinderpornografischen Charakter der Darstellungen und für die strafrechtlichen Folgen des Verbreitens.
Um dieser festgestellten Entwicklung entgegen zu wirken, ist im Herbst des Jahres 2021 die Präventionskampagne „denkenstattsenden“ gestartet. Diese Präventionskampagne wird durch die Verbreitung von Kurzvideos auf den Online-Plattformen Youtube, Instagram und Facebook vorangetrieben.
Fest steht:
Das Verbreiten von kinderpornografischen Inhalten ist ein Verbrechen, das Verbreiten von jugendpornografischen Schriften wird immerhin mit bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe geahndet (§§ 184b, 184c StGB). Egal auf welchem Weg Kinder und Jugendliche an diese Inhalte gelangen, muss dieser Trend im Ansatz bekämpft werden. Hier darf es keine falsche Toleranz geben.
Quellen
- Polizeiliche Kriminalstatistik für das Jahr 2022-Ausgewählte Zahlen im Überblick
- Antwort der Bundesregierung auf meine schriftliche Frage, Arbeitsnummer: 3/655
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